
Die wohl beste Nachricht zuerst: Der Fünfzylinder bleibt. Auch wenn vorab spekuliert wurde, der im Verhältnis zum EA888 längere Motor würde nicht in die MQB-Plattform passen. Tut er doch – und wie gut er hinein passt. Denn er beschert uns den wohl besten Soundtrack der sportlichen Kompaktklasse. Ein warmes, kehliges Röhren, das schon Stig Blomqvist und Walter Röhrl begleitete, während sie mit dem S1 in der Nacht der langen Messer über den Col de Turini frästen.
Beim Audi RS 3 Sportback wurde an allen Ecken gefeilt, gemacht, nachgeschärft und getan, um sich die Krone der sportlichen Kompaktklasse aufsetzen zu können. Mit 367 PS ist die Leistungskrone jedenfalls sicher. Mehr gibt’s weder in Minga noch im Schwabenländle. Somit dürfen wir hier am Autodromo Vallelunga nördlich von Rom nicht nur die stärkste Variante auf der MQB-Plattform, sondern auch den derzeit stärksten Kompaktsportler bewegen.
Dabei ist der Audi RS 3 in erster Linie vor allem eines: ein A3. Eine gute Nachricht, lässt uns unsere Erfahrung doch wissen, dass sich Passagiere somit im Innenraum jederzeit wohlfühlen dürfen, eine wunderbare Sitzposition finden und jeden erdenklichen Komfort genießen, während sie sich über eine tadellose Verarbeitung und Materialanmutung freuen können. Auf Wunsch künden geschickt platzierte rote Details, wie etwa die roten Lüftungsdüsen oder rot konturierte Gurte, von der besonderen Leistungsbereitschaft.
Dafür reicht es aber auch schon, das Soundpaket im Heck zu aktivieren: Wird der Fünfzylinder einmal in Bewegung gebracht, werden alle fahrrelevanten Sinne verschärft und die Ohren gespitzt – für Nebensächlichkeiten bleibt dann keine Zeit, alle anderen Funktionen gehen auf Standby. Anders als in seinen Vorgängern, ist der mehrfach als „Engine of the Year“ prämierte Motor hier jederzeit akustisch präsent und tönt nicht nur dumpf und brummig von seinem Leistungswillen, sondern darf mit einem heiseren Leerlaufgurgeln und jeder Menge Feuerwerk im Overrun reichlich Rallyeatmosphäre versprühen.
Ausfahrt Boxengasse: ESP in den Sportmodus geschaltet, das drive select auf „dynamic“. Motor- und Getriebeparameter werden nachgeschärft, die Lenkung bekommt mehr Gewicht. Wer sich seiner Sache sicher ist, darf das ESP auch vollends deaktivieren – ohne elektronischen Rettungsanker auf Zeitenhatz gehen. Wenn auch Teilfunktionen wie die elektronische Differenzialsperre mittels Bremseingriff stets aktiv bleiben. Linker Fuß auf die Bremse, rechter Fuß bis zum Anschlag auf’s Gaspedal. Die Motordrehzahl schnellt hoch, die Boost-Anzeige im Kombiinstrument kündet vom aufbauenden Ladedruck, das Heck knattert und poltert, wie ein Gruppe-B-Renner mit Anti-Lag-System. Bremse lösen, Feuer frei! 4,3 Sekunden vergehen, ehe die Tachonadel über die Einhunderter-Marke schnellt. Leicht bergab wird zum Scheitelpunkt der ersten Schikane eingelenkt, völlig neutral schluckt der Sportback auch den plötzlichen Richtungswechsel und schneidet mit seinem mächtigen Spoilerschwert in der Front durch den Asphalt.
Früh in die langgezogene Rechtskurve hineinbeschleunigen, ist kein Problem. Der quattro-Allradantrieb verteilt die Drehmomente geschickt und lässt den RS 3 Sportback gen Bremszone fliegen, ehe die im Durchmesser 370 Millimeter messenden Keramikbremsscheiben von 8 Festkolben in die Zange genommen werden, um heftig den Anker zu werfen. Reproduzierbar. Runde für Runde, in jeder der zahlreichen, fordernden Spitzkehren des Autodromo Vallelunga. Die Bremse hält, leistet sich keine Ausfallerscheinungen und lässt den RS 3 auf konstant hohem Niveau eine schnelle Runde nach der anderen abspulen. Die Vorderachse lässt sich am Volant präzise dirigieren, während der Pilot mit den optionalen Vollschalensitzen fest im Sattel sitzt.
Das Paket funktioniert. Nicht zuletzt, weil die Ingenieure einige Stellhebel bewegt haben: Zur besseren Gewichtsverteilung wanderte die Starterbatterie hinter die Hinterachse, das Lamellenkupplungspaket des Allradantriebs wurde kurz davor platziert. Auf einen Druckspeicher für die Lamellenkupplung wurde verzichtet, stattdessen sorgt eine elektronische Pumpe für schnellen Druckaufbau zur Drehmomentverteilung. Die Spur an der Vorderachse wurde – wie auch bereits beim Vorgänger – verbreitert und optional mit breiteren Pneus bereift, als die Hinterachse. Das erhöht den Grip und verschärft das Eigenlenkverhalten.
Nach fünf schnellen Runden ist die Wertungsprüfung mit Gruppe-B-Akustik aber leider auch schon wieder vorbei. Der RS 3 kündet mit metallischem Knistern von den gerade vollbrachten Höchstleistungen, die Bremsen dagegen sehen aus, als wären wir erst von der Eisdiele zurückgekommen: Sie lassen sich ihre vorige Tortur nicht anmerken. Ich steige aus den bequemen Vollschalen, ziehe Helm und Sturmhaube ab und gehe innerlich die ersten vom Fünfzylinder untermalten Runden auf der Nordschleife durch, sehe anschließend einen sepangblauen Audi RS 3 Sportback vor der Pizzeria in Adenau, mit dem ich im Anschluss tiefenentspannt die 550 Kilometer nach München zurückfahre. Die Realität reißt mich aber wieder aus meinen Träumen: Ich bin in Italien, weit entfernt von der Nordschleife und werde nach Hause fliegen. Immerhin den Weg zum Flughafen, der bleibt mir noch im RS 3.
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