
Kehlig brummend erwacht der Audi RS 3 zum Leben. Ein Tritt auf das Gaspedal lässt das Kraftpaket losspurten. In 4,3 Sekunden geht es auf 100 km/h – begleitet von einem anschwellenden, tiefen Röhren, das von fanfarenartigen Trompetenstößen orchestriert wird. Ein kraftvoller Klang, der die Nackenhaare aufstellt.
Dass der Audi RS 3 so faszinierend klingt, liegt an unzähligen Stunden Feinarbeit der Entwickler bei der quattro GmbH. Denn jedes RS-Modell besticht durch seinen unverwechselbaren, natürlichen Sound. Zentrale Komponente ist der Motor. „ Aufgrund seiner langen Tradition ist der Fünfzylinder etwas Besonderes“, erläutert Steffen Hackmayer, verantwortlich für die Koordination der Akustik bei der quattro GmbH. „Schon der Audi 100 und der Ur-quattro hatten ihn unter der Haube.“
Geistesblitz Fünfzylinder
Tatsächlich reicht die Entstehung des Motors bis in die 1970er-Jahre zurück. Mit dem Audi 100 hatte Audi gerade den Sprung in die Premiumklasse gewagt. „Die damaligen Oberklassemodelle waren mit Sechszylinder-Reihenmotoren ausgestattet. Durch das für Audi typische Antriebskonzept mit vorne längs eingebautem Motor und Frontantrieb war man aber zunächst auf Vierzylindermotoren beschränkt“, erklärt Heinz Hollerweger, Geschäftsführer der quattro GmbH. „Ein Reihen-Sechszylinder hätte zu einem zu großen vorderen Überhang und zu Frontlastigkeit geführt. Deshalb kamen die Ingenieure – allen voran der damalige Entwicklungsvorstand Ferdinand Piëch – auf die Idee des Fünfzylinders.“ Er vereint die Leistung eines Sechszylinders mit der günstigeren Gewichtsverteilung eines Vierzylinders.

Der Fünfzylindermotor hat eine lange Tradition bei Audi. Bereits in den 1970er-Jahren kam er das erste Mal zum Einsatz. Im Audi RS 3 spielt die neueste Generation dieses besonderen Konzepts groß auf.
Schon damals hatte das Thema Geräuschkomfort einen hohen Stellenwert. Dabei kommt der Zündfolge sowie dem Zündungs- und Gaswechsel eine besondere Bedeutung zu. In einem Viertaktmotor zündet jeder Zylinder alle zwei Umdrehungen einmal. Ein Vierzylindermotor weist also mit vier Zündungen pro zwei Umdrehungen oder zwei Zündungen pro Umdrehung eine sogenannte zweite Motorordnung auf. Diese ist im Klangbild sehr ausgeprägt. Ein Sechszylinder arbeitet mit einer dritten Ordnung – sie ist moderat und liefert einen harmonischen Sound. Der Fünfzylinder liegt mit seiner 2,5ten Ordnung genau dazwischen.
Als im Laufe der Zeit ein emotionales Motorengeräusch an Bedeutung gewann, erwies er sich als regelrechter Glücksfall. Akustikingenieure fanden heraus, dass gerade halbe Ordnungen wie die 2,5te stark zur Emotionalisierung des Motorsounds beitragen.
Die dreiklängige Fanfare
Die ungerade Zylinderzahl des Audi RS 3 führt dazu, dass kein reiner Sinuston erzeugt wird. Vielmehr prägen die Zündfrequenzen Oberwellen aus, die den Sinuston begleiten. Das ist vergleichbar mit der Klangentstehung in der Musik: Der Kammerton A mit seinen 440 Hertz hört sich solo im Grunde wie ein emotionsloses Pfeifen an. Erst die Obertöne, die durch das Instrument, etwa ein Klavier, dazukommen, verleihen dem Ton seine charakteristische Ausprägung. Im Falle eines Motors werden diese Obertöne, zum Beispiel durch das Ansauggeräusch, zusätzlich stimuliert. So entsteht ein sehr charakteristischer Motorklang. Beim Audi RS 3 prägen sich drei Frequenzen der Oberwellen besonders intensiv aus, der Motor trompetet sozusagen wie eine dreiklängige Fanfare.
„Fünfzylinder sind etwas ganz Außergewöhnliches. Mit diesen Motoren haben wir eine besondere technische Basis, die wir zu etwas sehr Emotionalem machen“, sagt Stephan Reil, Leiter Technische Entwicklung der quattro GmbH. „Unsere Motoren sollen authentisch klingen. Die Technik muss zu hören sein.“

Auch das Rollgeräusch der Räder testen und optimieren die Entwickler bei Audi. Die Untersuchungen dafür werden auf einem Rollen-Geräuschprüfstand durchgeführt.
Feinschliff der Soundcharakteristik
Um die individuelle Soundcharakteristik eines Motors hervorzuheben, braucht es aber noch mehr. Die Verstärkung gelingt in Form von speziell konstruierten Ansaugstrecken und Abgasanlagen: „Wir versuchen die Abgasanlage so auszulegen, dass wir gewisse Frequenzen wegnehmen oder anheben, um den typischen Klang zu erzeugen“, sagt Steffen Hackmayer. Klangbestimmend sind die unterschiedlichen Rohrdurchmesser und die verwendeten Schalldämpfer. Das Prinzip ist dem einer Orgel vergleichbar: Je größer die Rohrquerschnitte, desto tiefer die Töne. So werden gezielt Frequenzen hervorgehoben oder ausgelöscht. Hinzu kommen die Abgasklappen des Audi RS 3. Mit ihnen kann, ähnlich wie bei einem Saxophon, der Ton verändert werden. So ist das Auto deutlich leiser, wenn die Abgasklappen geschlossen sind.
Bis der Fünfzylinder mit passender Abgasanlage groß aufspielt, ist es ein weiter Weg. Zunächst werden etliche Berechnungen am Computer durchgeführt. „Anhand der Berechnung sehen wir, wie wir die Abgasanlage konstruieren wollen. Die Feinabstimmung findet dann am realen Auto statt“, erklärt Hackmayer.
Durch einen sich wiederholenden Prozess wird das Optimum herausgeholt. Dabei bestimmen die technischen Eigenschaften der Bauteile den Prozess. „Die Kunst besteht darin, Werkzeuge, Simulation und Berechnung mit der fachlichen Expertise und dem Gefühl zu kombinieren“, fasst Reil zusammen.

Genau gemessen: Auf der sogenannten Vier-Rad-Rolle werden Autos bei voller Beschleunigung bis zu hohen Geschwindigkeiten beurteilt. Die Schaumkeile absorbieren den Schall, die Akustik ist wie auf einer Landstraße. Der ermöglicht genaues Messen, ohne dass Reflexionen das Ergebnis verfälschen.
Den letzten Feinschliff erhält der Motorsound nach unzähligen Simulationen, Messungen auf dem Akustikprüfstand und Probefahrten bei der Applikation. Dazu wird das Motorsteuergerät mit einem Datensatz versehen, der auch das pure Klangbild abrundet. „Um charakteristische Geräusche zu betonen, lassen wir im Schub einzelne Zylinder absichtlich weiterbrennen. Je nachdem wie viel Klang wir brauchen, zünden die Zylinder zum spätestmöglichen Zeitpunkt“, erläutert Thomas Teppke, verantwortlich für die Applikation bei der quattro GmbH. Heraus kommen kräftige „Donnerschläge“ bei intensiven Gasschüben. Dabei werden die Zylinder maximal eine halbe Sekunde weiterbefeuert, nachdem der Fuß vom Gas ist. So vermeiden die Experten, dass der tolle Klang durch einen Mehrverbrauch erkauft werden muss.
Jetzt ist die Symphonie perfekt. Wie aber klingt sie eigentlich? „Wir versuchen unserem Motorsound einen eigenen Fingerabdruck zu geben“, sagt Hackmayer. „Dabei konzentrieren wir uns auf etwas tiefere Ordnungen, die wir hervorheben und so kraftvoller klingen lassen.“ Im Vordergrund steht dabei immer der natürliche Klang, denn bei den Audi RS-Modellen wird auf synthetisches Sounddesign komplett verzichtet. „Es gibt keine Soundaktuatoren, die künstliche Motorgeräusche erzeugen oder verstärken“, erklärt Reil. Der Audi RS 3 nimmt dabei klar eine Sonderrolle ein: „Sie erkennen ihn unter 100 Autos mit verbundenen Augen. Bei anderen Motoren ist das schwieriger – weil sie nicht diese exotische Zylinderzahl haben.“