
Sie sitzen in Reih und Glied und warten geduldig auf ihren Einsatz. Dresscode: orangefarbene Baumwollshirts, kurze Hosen und auf Hochglanz polierte schwarze Lederschuhe. Auf den ersten Blick ein modischer Fauxpas, ist das die angemessene Berufsbekleidung für den Crash-Dummy. „Jedes Detail unterliegt strengen Vorgaben“, erklärt Florian Mittermeier, Dummy-Experte bei Audi: „Selbst die Kleidung hat einen Einfluss auf die Messergebnisse beim Crashtest.“ Hat die Hose beispielsweise einen höheren Reibungswert, ist das Rutschverhalten auf dem Sitzpolster ein gänzlich anderes und verfälscht die Daten.
Auf der Crashbahn werden die letzten Vorbereitungen getroffen: Der rammbockähnliche „Schlitten“ wird für die Simulation eines Heckunfalls in Position gebracht. Entfernung, Geschwindigkeit, Winkel des Einschlags, alle Parameter müssen exakt eingestellt werden, denn ein Crashtest ist teuer, Fehler sollten daher besser nicht passieren. Die ersten Mitarbeiter treten bereits aus dem abgesperrten Bereich zurück, Florian Mittermeier prüft noch einmal die letzten Details. „Beim Heckcrash kommt ein ganz besonderer Dummy zum Einsatz“, zeigt Mittermeier: „Seine Wirbelsäule ist hochentwickelt. In jedem Wirbel ist ein Sensor verbaut, der Bewegung und Druck haargenau protokolliert.“
Mittlerweile sitzt „Manni“, wie er von seinen Kollegen getauft wurde, in einem Rollstuhl und ist auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz – dem Crashtunnel. Audi investiert viel in die Unfallforschung. „Früher hat ein Dummy umgerechnet 40.000 Euro gekostet, heute bekommt man dafür gerade mal ein paar neue Rippen. Die aktuelle Generation kostet bis zu 350.000 Euro“, so Mittermeier: „Die Lieferzeit beträgt bis zu eineinhalb Jahre.“ Weltweit gibt es nur zwei Dummy-Hersteller.
Langsam wird es ernst für den tapferen Probanden. Ein greller Sirenenton kündigt unmissverständlich den bevorstehen Crashtest an. Regungslos und völlig unbeeindruckt starrt der Dummy auf die sich öffnende Sicherheitstüre des Crash-Labors. Seine Kunsthaut ist mit Schrammen übersät, er ist kein Berufsanfänger mehr. Das Gesicht ist mit einer blau-grünen Kriegsbemalung eingefärbt. Dieser Job ist nichts für Weicheier. Eigentlich erfüllt die regebogenartige Markierung aber eine ganz praktische Funktion. Öffnen sich beim Crash die Airbags und stülpen sich über den Schädel des Dummies, werden kleine Farbpartikel in den Stoff des Schutzsacks gepresst und ermöglichen die Rekonstruktion des Einschlags.
Manni und Florian Mittermeier sind ein eingespieltes Team. Warum sie jeden Tag ihr Bestes geben, wissen beide ganz genau. Es geht um weit mehr, als mit Puppen zu spielen und Autos kaputt zu machen. Immer wieder erreichen das Team Briefe von Menschen, die schwere Unfälle dank zuverlässiger Audi-Sicherheitstechnik überlebt haben – ein gutes Gefühl für Florian und Manni. Hinter den beiden schließt sich die schwere Türe des Crashtunnels. Dann ein lauter Knall. Manni hat Feierabend und der Straßenverkehr ist hoffentlich wieder ein Stückchen sicherer geworden.




